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Durchblick  nicht  erwünscht ...

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,   

vielen Dank für die Einladung hier im Psychiatrieforum sprechen zu dürfen. 

Hier im Forum sind Sie zu Fragen gekommen, z.B. 

wie steht es denn um unser Gesundheitssystem? Ist unser Gesundheitssystem überhaupt noch bezahlbar ?

Zur Sorge um unsere psychisch kranken Mitmenschen gehören Fragen nach Konsequenzen für unsere sozial- und gemeindepsychiatrische Versorgungslandschaft.

 Ich bin kein Wissenschaftler, aber ich habe mir einige Gedanken zu unserem Gesundheitssystem gemacht und will sie Ihnen gerne vortragen. Bei der Beschäftigung mit den Fragen, musste ich feststellen, dass es ein Thema ohne Ende ist, zudem ein Thema, dass sehr leicht zu Spaltungen führen kann und das die Gemüter stark erhitzen kann.

Um zunächst einige kurze Antworten im Überflug zu geben:

Wie steht es?                  Unser Gesundheitssystem ist sehr krank. Aber Genesung ist möglich ;-)

Noch bezahlbar?            Ja - aber nur mit mehr gelebter Solidarität und viel mehr Transparenz.

Psychische Gesundheit? Ist der sensible Gradmesser für die Menschlichkeit einer Gesellschaft 

                                        und steht in direktem Zusammenhang mit ethischen Grundfragen: 

Ist Gesundheit unser höchstes Gut und - wie der Volksmund weiß - eigentlich unbezahlbar?

Oder ist Gesundheit eine höchst profitable Ware, die möglichst teuer verkauft werden muss?

Zeigt nicht die sog. Finanzkrise an, dass in der Persönlichkeitsstruktur eines speziellen Berufsstandes die Motivation der Raff-Gier die Mathematik der Zahlen beherrscht (wie in der Fränkischen Fastnacht 2009 in einem Sketch vorgerechnet wurde: die Lösungszahlen ergaben das Wort: G I E R)

Das Gesundheitssystem erscheint mir als 1000-Teile-Puzzle!

Hauptsymptom - Leit-Symptom - „Leid-Symptom“? >>> die Fragmentierung

fragmentiert, zerstückelt, hochkomplex, widersprüchlich,  nicht stimmig, undurchsichtig, irrational.

Deswegen habe ich meinen Vortrag mit „FragMENTAL“ überschrieben.


Der erste Eindruck: Der Durchblick ist nicht erwünscht!  

Dies ist nicht meine vorgefasste Meinung, sondern das Ergebnis meiner Recherchen im Internet und durch etliche Quellen wie Bücher und Aufsätze hindurch. Um mit etwas mehr Verstand hineinschauen zu können, müsste man Gesundheitsökonom sein - ein eigener Beruf. Unser Gesundheitssystem ist also weit entfernt davon, einer Kristallkugel zu ähneln. Die Medien tragen kräftig dazu bei, hauptsächlich wird verschleiert. 

Wache Kritiker weisen bereits auf die unfrei gewordene Presse hin. 

Der zweite Eindruck: Nach oben hin wird es immer nebliger. Der Gipfel ist nicht zu sehen. 

Die Entscheider - meist alte Herren - sind nicht zu erkennen. Grau, gesichtslos. Kaum einer kennt sie. Verantwortung für getroffene Entscheidungen muss persönlich nicht getragen oder gar eingelöst werden. 

Die konkrete Not ist oft viel zu weit weg. Wir an der Basis kennen sie, spüren sie, erleiden sie mit.

Ein Nebel-Beispiel: Wer oder was ist die „Gemeinsame Bundeskommission?  Wer weiß es?

Eine Quelle: mitgeschnittene TV-Diskussion - selbst die Vorsitzende der Berliner Kassenärztlichen Vereinigung konnte nicht plausibel erklären, wie der Geldfluss geregelt ist. Eine wirklich tüchtige und seriöse Ärztin, aber auch sie blieb in nebulösen Äußerungen wie "die bekommen ihre Vorgaben von der Politik" kläglich stecken. 

Der dritte Eindruck: Die Selbstverwaltung der Ärzte blockiert sich selbst und verstrickt sich im Gruppenegoismus.  

Eine Krähe ... ? Aber zu viele Krähen verdecken Wald und Wiese ;-)

Freiberuflich tätige Ärzte sägen sich selbst den Ast ab - einfach weil sie zuviel arbeiten, zu viele Leistungen erbringen, die sie nicht vergütet bekommen, keine Zeit für Sozialpolitik haben, ihrer Standesvertretung zu sehr vertrauen bzw. sich darum nicht kümmern.

Der vierte Eindruck: Unser Gesundheitssystem ist im zweifachen Sinn unkontrollierbar geworden.

a) die Kontrolle im Sinne des Nachverfolgen-Könnens, wo denn den der riesige Geldstrom hin fließt, versagt bzw. wird nicht installiert bzw. ist nicht gewollt. Wird auch m.W. politisch von keiner Partei gefordert. 

b) die Kontrolle im Sinne der Steuerung des Geldflusses ist nicht mehr möglich. Reformen scheitern systematisch, weil hochflexible Weichensteller es immer wieder schaffen, die rationalen Steuerungsmaßnahmen geschickt auszuhebeln.

Gesundheitsminister sein heißt, in wenigen Jahren feststellen müssen, dass es wieder mal nicht funktioniert hat. Horst Seehofer (CSU), Ulla Schmidt (SPD), jetzt Philipp Rösler (FDP)

Der fünfte Eindruck: Der Kleine Mann und die Politik ...

Die Politik agiert blind und im Zick-Zack-Kurs. Und der kleine Mann schaut zu ...    Wir sind das Volk.     Sind wir?

Alle Gewalt geht vom Staat aus. Geht sie? Oder: Missbrauch der Macht - ist eine neue herrschende Klasse entstanden?

Fakt ist eher: Keiner will es wirklich genau wissen. 

Symptomatisch ist das Ausweichen vor der Wahrheit, Nachdenken macht Kopfweh. Eine kritische Haltung ist unbeliebt.

 Jemand sagte mir: „Ihr Wessis seid merkwürdig! Alle wissen Bescheid, und keiner geht auf die Barrikaden.“ 

Der schöne Leitgedanke unseres Grundgesetzes:  Der Staat ist für den Menschen da. Aber in der Wirklichkeit auf den Kopf gestellt: Eigennutz geht vor Gemeinsinn.

Der sechste Eindruck: Geld ist in Hülle und Fülle vorhanden! Doch die Verteilung ist ein skandalöses Politikum!

Siehe sog. Finanzkrise, siehe aktuellen Bundeshaushalt mit über 300 Milliarden Euro. Neuverschuldung 80 Milliarden Euro. Stern 11/2010, Seite 30, Im Gesundheitssystem werden 252 Milliarden Euro pro Jahr ausgegeben. Kleiner Preisvergleich: ein Fußballer wird mit 15 Millionen Euro gehandelt.


Der siebte Eindruck: Die soziale Grundeinstellung in den Menschen zerfällt - seit vielen Jahren schon. 

Besonders in den Großhirnen sog. Entscheider (ich zögere „Innen“ anzufügen, denn ich frage mich, wo sind denn die Frauen, mit ihrer anderen Art?). 

Aber Solidarität ist re-organisierbar und muss wieder vorgelebt werden. 

Der achte Eindruck: Geld für Gesundheit wird nur in dem Maße vorhanden sein, wie es gefordert wird, ja - wie es hartnäckig eingefordert wird. Wenn es zur Zeit noch zutrifft, dass psychisch kranke Menschen keine Lobby haben, also keine loyalen Interessenvertreter und Treuhänder, dann wird es hoch-nötig Zeit, eine wirkungsvolle Lobby aufzubauen. Das Internet hilft uns dabei.

Der neunte Gedanke: Vom FragMENTALEN Nebel-System zur Neuen Solidarität Gesundheit - 

Diese neu belebte Solidarität müssen wir aber wollen. Und uns dafür kräftig einsetzen. Noch ist es nicht zu spät.

Fokko Münck - Samstag, 20. Februar 2010 

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